Systemoffen ausschreiben – Knowhow mobilisieren
Der Beitrag »Systemoffen ausschreiben – Knowhow mobilisieren« wurde auf dem Blog der Vergabeplattform www.vergabe24.de am 30. November 2015 als zweiter Teil einer Beitragsserie veröffentlicht.
Mit systemoffenen Ausschreibungen können – und dürfen laut VOB/A – Bauherren verstärkt das unternehmerische Knowhow von Bauunternehmungen für ihre Bauvorhaben mobilisieren.
Noch sind sie die Ausnahme, immerhin derzeit zunehmend anzutreffen, sagt Christine Machacek, Geschäftsführerin der Allgäuer SÄBU Holzbau GmbH. Sie würde sich wünschen, dass sich Planer frühzeitig mit Fachfirmen kurzschließen. Das würde die Chance auf die beste und wirtschaftlichste Lösung eines Bauvorhabens erhöhen.
Lückenlose Dokumentation besonders wichtig
Eindeutigkeit für alle Bieter und Vergleichbarkeit der Angebote müssen auch bei einer funktionalen Ausschreibung trotz Vorprojektierung in geringerer Tiefe gewährleistet sein. Eine lückenlose Dokumentation und Vorbereitung der Unternehmen ist daher umso wichtiger, betont der Münchner Architekt und Stadtplaner Dipl.-Ing. Lurildo Meneses von der Zwischenräume Architekten + Stadtplaner GmbH. Zumal sich nur so aus technischer wie aus architektonischer Sicht die Qualität sichern lasse. Insofern ist er sich auch nicht so sicher, ob sich der Bauherr im Vorfeld viel Aufwand spart. Immerhin brauche sich der Ausschreiber keine Gedanken um die Menge zu machen, da dies Aufgabe des Bieters ist.
Ein Problem sieht Dipl. Bauingenieur Friedrich Nagel, Geschäftsleiter bei SÄBU, darin nicht. Um die erforderlichen Bauelemente der KG 300 zu definieren, brauche das Unternehmen maximal einen halben Tag, das sei erst einmal ein höherer Aufwand. Danach könne der Kalkulator mit vordefinierten Kostenbausteinen sehr schnell den Preis ermitteln, ohne sich an die vorgegebene Struktur einer EP-Ausschreibung anpassen zu müssen – „in der Summe ist der Aufwand geringer“.
Bieter muss Ausschreibungseignung prüfen
Architekt Meneses gibt aber zu bedenken, dass ein Unternehmen, das sich für eine Ausschreibung interessiert, erst einmal prüfen müsse, ob das eigene System bei der Planung überhaupt in Frage kommt, eine Angebotserstellung also Sinn macht. Zum anderen stelle sich die Frage, ob die ausführende Firma auch für die Planungsleistung zuständig sein soll und wenn ja, ob das ihre Stärke sei. Zumal der Planungsprozess sehr aufwändig sein kann, die Abstimmung unter allen Beteiligten viel Zeit in Anspruch nimmt.
Vor allem aber, so Planer Meneses, lasse der Auftraggeber mit einer funktionalen Ausschreibung letztlich offen, was er bekommen wird. Lege er nur Raumprogramm und architektonische Leitdetails fest, erleichtere solch eine Offenheit bzw. Unklarheit sicher nicht die gerade bei öffentlichen Bauvorhaben oft sehr aufwendigen Abstimmungsprozesse zwischen verschiedenen Referaten, etwa wenn es um Kindertagesstätten oder Schulbauten geht.
Manchmal spielt das eine geringe Rolle, Stichwort Flüchtlingsunterkunft. Die hat eine oberbayerische Kommune aktuell systemoffen ausgeschrieben, dafür die Vorgaben im erforderlichen Maß reduziert, architektonische Leitdetails sollen die städtebauliche Einbindung und gestalterische Qualität sicherstellen, berichtet Architekt Meneses. Er sieht noch einen anderen Weg, wie Bauherren den Weg für Alternativangebote und -lösungen eröffnen können: indem sie Nebenangebote zulassen.
Den ersten Teil der Beitragsserie finden Sie unter Systemoffene Ausschreibung für den Hochbau?
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